Sockenwolle

Sag ‚Kaschmir‘ und ich habe sofort Bilder im Kopf: sowas wie üppige Schals, unglaublich weich auf der Haut, dabei elegant und schlicht.

Sag ‚Sockenwolle‘ und die Bilder sind andere.

Dann sehe ich einen Faden, der auch mal Ribbeln verträgt, Gestrick, das in die Waschmaschine kann und – natürlich – Socken, die ewig halten. Formbeständig, warm und pflegeleicht. Kein Luxus, aber dafür treu.

Vielleicht habe ich Sockenwolle deshalb so gerne. Nicht die von früher, der man den Polyester-Anteil anmerkte. Auch nicht die billige, die diese verfilzten Stellen hat und kratzt. Die Sockenwolle, die ich meine, fängt bei Regia, LanaGrossa, Opal und Ferner an und hört irgendwo bei handgefärbten Strängen auf.

Ganz oft ist deshalb Sockenwolle mein Souvenir-Garn, die Wolle, die ich mir aus dem Urlaub mitbringe. Weil die Farben so schön sind und weil es eigentlich nichts gibt, was man aus Sockenwolle nicht stricken kann.

Caroline Wallmann sieht das offenbar genauso. Nun hat der Stiebner Verlag ihr erstes Buch herausgebracht: Stricken mit Sockenwolle für die Kleinen.

24 Anleitungen für Kinderkleidung, home decor und Spielzeug, komprimiert auf knapp 90 Seiten. Dem vorangestellt ein sehr ausführlicher Technikteil, mit dem auch Anfänger*innen jede der Anleitungen nacharbeiten können.

Aber Caro und mich verbindet augenscheinlich noch mehr: Alle Farben für alle Kinder schreibt sie und wirbt um Verständnis, dass sie keine Kinderbilder ins Netz stellt. Außerdem strickt sie Maschenproben. Sehr nahbar und sehr sympathisch alles!

Ich gestehe, dass ich den Technikteil nur diagonal gelesen habe. Dennoch kann ich sehen, dass alles drin steht, was drin stehen muss: Zu- und Abnahmetechniken ebenso, wie anschlagen und abketten, verkürzte Reihen und Doppelmaschen, die Idee hinter Maschenmarkierern, der Maschenstich und andere kleine Extras, die vielleicht sogar die eine oder andere Expertin bisher nicht kannte. Kurz: Wer noch nie Kindersachen gestrickt hat, findet alles, was sie oder er dazu wissen sollte und wenn dann wirklich noch Fragen sind, enthält jede Anleitung Zeichnungen, Maße oder Charts. Als wäre das nicht genug, gibt es obendrauf einen QR-Code zu Videos in Caros Blog.

Smart. Knackig. Gut. Gefällt mir sehr!

Ebenso wie die Anleitungen. Egal ob Kinderdecke, Mütze, Jacke, Socken oder bunter Pullover – nichts davon ist Hexenwerk. Und genau das macht es so gut. Wer nur bißchen Phantasie hat, strickt damit eine klassische Basisausstattung für ein Baby oder ganz individuelle Einzelstücke für kleine Kinder. Mit Ärmeln zum Umkrempeln, Socken, die mitwachsen und Schalvarianten, die sicher nicht an der Schaukel oder den Speichen des Laufrads hängen bleiben.

Hätte ich nicht gerade erst einen Hasen gestrickt (der bisher nicht verbloggt ist), wäre HaseHase wohl mein Favorit. So liebäugel ich nun mit der doppellagigen, bunten Schlupfmütze, gestrickt aus ganz weicher Sockenwolle – entgegen allen Vorurteilen gibt es die nämlich wirklich.

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Transparenzhinweis: Das besprochene Buch wurde mir freundlicherweise vom Stiebner-Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Die in dieser Rezension geäußerten Ansichten und Bewertungen spiegeln ausschließlich meine persönliche Meinung wider und wurden in keiner Weise vom Verlag beeinflusst oder vorgegeben.

Alle Bilder sind dem Buch entnommen.

Und noch ein Wort zu Rezensionen ganz allgemein: abgesehen davon, dass es in meinen Kopf nicht reingeht, dass Bücher heute mehr Erfolg haben, wenn sie in Instagram Reels oder auf TikTok besprochen werden und nicht in einer klassischen Rezension (ich dachte immer, wer Bücher kauft, liest gerne, aber gut), habe ich wohl auch einfach keine Begabung, in ein Filmchen zu packen, was ich mit Worten beschreiben kann. Seht es mir nach.

Verlinkt zum Samstagsplausch bei Andrea

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Fertig!

Gefühlt der 15. Blogpost über diese Decke – ich weiß –  aber sie ist tatsächlich FERTIG! 144 Quadrate sind zu einem großen Ganzen geworden und ja, auch das sage ich immer wieder: das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Auch bei dieser Decke.

Die Farben leuchten, passen zusammen und dank der Eigenschaften von Sockenwolle ist alles genau so, wie ich es haben wollte: die Decke hat ein Eigengewicht, wärmt, fühlt sich gut an, macht weder Knötchen noch Wollmäuse und kann, wenn’s sein soll, in die Waschmaschine.

Und als ich erstmal verstanden habe, wie man Granny Squares verbindet, ohne nach jedem Quadrat den Faden abzuschneiden und neu anzusetzen (…) war es (fast) ein Kinderspiel. Um es mit Ralph Waldo Emerson zu sagen: „Knowledge is when you learn something new every day.“

Der iCord-Rand war dann nochmal ein Akt … zwei Abende habe ich da dran gesessen. Rückwirkend bin ich froh, dass ich es gemacht habe.

Auf Waschen und Spannen habe ich dafür verzichtet. Das Eigengewicht von 865 gr. wird schon dafür sorgen, dass sich jedes Quadrat so dehnt, wie es soll. Stand jetzt ist die fertige Decke über 100 cm breit und knapp zwei Meter lang – zum Zudecken reicht das.

Der Teenager liebt sie und sogar die Strickfreundinnen Andrea und Magda finden sie schön. (Wir erinnern uns: eigentlich war sie ihnen zu bunt und zu unruhig).

Bei allem weiß ich allerdings, dass ich jetzt, wo diese Decke nach sechs Monaten endlich  fertig ist, so bald kein derart großes Projekt mehr häkeln werde. Eine in 2020, eine jetzt – das reicht.

Ich habe den Teenager gefragt, ob er die schöne, neue Decke mal ins Licht halten könnte. Konnte er.

Und ob er Ideen hätte, wie ich sie noch zeigen kann. Hatte er auch. Mehr kann man nicht wollen ❤️

#projekt2021. Vielleicht

Andrea schwärmt schon lange vom Blog der Zitronenfalterin. Vergangene Woche bin ich endlich ihrer Empfehlung gefolgt und – was soll ich sagen? – offensichtlich im richtigen Moment. Denn die Zitronenfalterin hat nicht nur einen wirklich schönen Blog (ist es eigentlich der oder das Blog? 🤔), sie regt ausgerechnet in einem ihrer letzten Blogposts an, ein Jahresprojekt zu beginnen und zu verlinken – ein #projekt2021.

Ein Jahresprojekt – mit sowas kriegt man mich ja (leider) schnell. Ein Projekt, das mich ein Jahr lang begleitet. Nicht, weil ich es vor mir her schiebe, sondern weil es so angelegt ist. Jede Woche, jeden Monat an etwas arbeiten, dass nach 365 Tagen ein großes Ganzes ist.

Zum Beispiel ein Wetterschal. Dafür brauchst Du fünf verschiedene Farben eines Lace-Garns. Sagen wir mal weiß, hellgrau und grau, hellblau und royalblau. Jeden Morgen siehst Du Dir dann den Himmel an (wenn Du ein Monk bist, immer zur gleichen Tageszeit), wählst zwei Farben, die der Himmelsfarbe am ehesten entsprechen und strickst zwei Reihen. Weil Du zweifarbig strickst, hast Du 15 Kombinationsmöglichkeiten (Sophia, korrigier mich bitte, wenn das falsch ist 😉). Das reicht für jedes Wetter und jeden Himmel.

Am Ende erzählt Dein Schal die Geschichte Deines Jahres. Vom weißen Winterhimmel und den zarten Farben im Frühling, vom ersten schönen Sommertag und dem Sturm im Herbst.

Ich schweife ab …

Besser: ich drücke mich … Denn 2018 hatte ich schon mal ein Jahresprojekt. Mein #projekt2018. Damals habe ich angefangen, jeden Tag ein kleines Hexagon zu stricken. Jeden Tag aus einem anderen Sockenwollrest. Am Anfang hat mir das total viel Spaß gemacht. Ich musste mich wirklich zurückhalten, um nicht mehr als eins zu stricken. Weil sie so klein sind und so „squishy“ (kennt da jemand ein deutsches Wort für?). Sie schienen sich wie von alleine zu stricken. Aber schon im März wurde es zäher …

Trotzdem blieb ich dabei. Wenn auch mit einer kleinen Unterbrechung: Der Teenager schlug vor, ich könne doch anstelle eines Hexagons jeden Tag eine Liegestütze machen, push ups – wie das Neudeutsch heißt. Jeden Tag eine mehr als am Vortag … Um es kurz zu machen: nach 14 Tagen habe ich wieder Hexagone gestrickt.

Im Mai habe ich dann nicht nur zu Hause gejammert, sondern auch im Blog. Ende Juni war endgültig Schluß. Seither liegen hier sechs Tüten, in jeder ein Monat. Von Januar bis Juni sind das 31+28+31+30+31+30 = 181 kleine Kissen.

2018 war mein Plan, sie zu Stuhl- oder Bankauflagen zu verbinden. An zwei Dingen ist das gescheitert: (1) für einen Stuhl brauche ich um die 40 kleine Hexagone. Um den Eßtisch stehen sechs Stühle. Es reicht also nicht. Abgesehen davon bin ich mir auch nicht mehr sicher, ob  solche Auflagen nicht binnen kürzester Zeit platt gesessen wären.

Außerdem, und damit sind wir bei (2), habe ich keine Idee, wie ich die Dinger verbinden soll. Die Anleitung sieht vor, Fäden durch die Ecken zu ziehen, diese zu verknoten und kurz abzuschneiden. Das überzeugt mich nicht. Denn das würde (zumindest) auf einer Seite nicht schön aussehen und wie lange es hält, weiß der Himmel.

Was ich sagen will: ich könnte doch aus dem #projekt2018 mein #projekt2021 machen.

Ich könnte noch viel mehr Hexagone stricken und die vielleicht zusammenhäkeln oder so. Vorausgesetzt, ich hätte endlich eine zündende Idee, was es werden soll, wenns fertig ist.

Und schon beim Schreiben merke ich, dass ich überhaupt keine Lust dazu habe. (Gar keine!) So sehr könnt wohl nicht mal Ihr mich motivieren.

Leider! Oder doch?

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Für meinen heutigen Post muss ich bißchen weiter ausholen: mit 18 waren meine Leistungskurse in der Schule Geschichte und Englisch. Danach habe ich Hotelfach gelernt, Veranstaltungen organisiert, war selbstständig, dann pleite, habe in Oregon gelebt, mich wieder berappelt, bin über Umwege in Berlin gelandet und habe hier viel Geld verdient.

Als ich schuldenfrei war, habe ich gekündigt, um mich – 18 Jahre nach dem Abitur – an der Humboldt Universität in Berlin einzuschreiben. Die Lieblingsfächer unverändert: Geschichte und Amerikanistik. Parallel zum Studium habe ich 20 Stunden in der Woche gearbeitet, bin einmal um- und dann mit dem Mann zusammengezogen, der Teenager kam auf die Welt. In dem Jahr, in dem er eingeschult wurde, habe ich meinen Magister gemacht. Mit einer Arbeit über Hillary Rodham Clinton.

Heute bin ich Historikerin und Feministin.

Rückblickend weiß ich nicht mehr, wie ich das alles unter einen Hut bekommen habe.  Es muss die Frage nach dem Verhältnis von Macht, Sex und Gender in amerikanischen Präsidentschaftswahlen gewesen sein, die mich tatsächlich nie wieder losgelassen hat. („Cracking the highest, hardest glass ceiling“ übrigens auch nicht, aber das ist eine andere Geschichte).

Die Präsidentschaftswahlen 2008 und 2012, dieses Gefühl nach der Wahl 2016 – es hat sich mir eingebrannt, das weiß ich jetzt wieder. Heute ist alles anders als vor vier Jahren und dabei genauso schlimm. Oder schlimmer?

Behauptungen ohne Belege, Schimpftiraden, Verschwörungstheorien, Verleumdungen, Lügen. Eine Strategie der verbrannten Erde, die auf fruchtbaren Boden zu fallen scheint.

Pennsylvania, Georgia, Arizona, Nevada. „Democracy is sometimes messy.“ Die Jahre vor Trump kommen nach Trump nicht wieder, heißt es. „America first.“ Was jetzt rot ist, wird dann blau. „Buy American.“

Aushalten kann ich es nicht, also verweigere ich Nachrichten und Internet. Gleichzeitig will ich alles wissen. Bis ins letzte Detail.

Es ist Geschichte und Englisch. Es ist nicht mein Land. Weiß der Himmel, warum mir das so nah geht.

In den letzten Tagen habe ich immer wieder gehäkelt. Kleine Quadrate aus kleinen Wollresten. Eins nach dem anderen. Vier Gramm sind genug für Jedes. Stäbchen sind meine Lieblingsmaschen. Wußte ich das vorher schon? Nichts macht mich so gelassen, wie wieder und wieder den Faden zu holen und ihn durch eine Schlinge zu ziehen. Ein Mantra, übersetzt in Wolle.

Dabei sollte es das Projekt eigentlich gar nicht geben. Spontan hatten Magda und Andrea mir vergangene Woche davon abgeraten, als ich ihnen die ersten beiden Quadrate gezeigt habe. Sie wären zu unruhig.

Meine Hände haben das offensichtlich nicht gehört. Nun sind es viele Quadrate und es werden immer mehr (so, wie die abgegebenen Stimmen für die Demokraten). Sie werden immer diverser (so, wie die demografische Entwicklung in den USA).

Mit Glück wird es eine Decke. Fertig wird sie wohl noch bevor dieses unwürdige Spektakel zu Ende ist.

 

Der Restepullover

Zwei Instagrammerinnen – Fuchsa Kaul und Sarah von Ein Koffer voll Wolle – haben auf Instagram die #MehrAlsWolleChallenge initiiert. Wer immer möchte, ist aufgefordert sich zu beteiligen und in kurzen Posts Stellung zu den verschiedensten Themen zu beziehen. Dazu Bilder von Wolligem. Begleitet wird (fast) jeder Tag durch jeweils ein ausführlicheres Statement einer Gastautorin.

Gestern war Tag 1, gefragt war nach #Empowerment.

Das wußte ich seit dem 30. Juli. Genauso lange habe ich auch darüber nachgedacht, aber bis Mitternacht kam nichts von dem, was ich dachte und sagen wollte, aus mir raus, geschweige denn, aufs Papier über die Tastatur in meinen Feed. Ein verknotetes Knäuel ist nichts dagegen. Stunden habe ich gebraucht, um das Anfangsfädchen einen Anfang zu finden, aber dann ging es fix.

Ich dachte, damit wäre der schwierigste Teil erledigt. Ein bißchen wie bei der Ketchupflasche. Wenn man oft genug auf den Flaschenhals geklopft hat und der Ketchup sich aus der Flasche traut (meistens zu viel davon), läuft es.

Aber so ist es nicht. Heute soll / will ich über #Privilegien schreiben und mir scheint, als wäre das noch komplizierter.

©fuchsa_kaul & ein_koffer_voll_wolle

Was ich eigentlich sagen will: hüpft doch mal rüber zu Instagram, guckt es Euch an und lest mit. Da sind eigenwillige, unterschiedliche, inspirierende Posts dabei, die im Kopf ein sonderbares Eigenleben entwickeln. Und das ist ja nie ein Fehler.

Ein Eigenleben hat auch mein Regia-Restepullover entwickelt. Er ist fertig und ich finde, es ist der allertollste Pullover, den ich je gestrickt habe. Weil er dünn und leicht ist, weil er perfekt passt, weil die Farben so harmonieren, weil ich jetzt weniger Wollreste habe und weil ich es tatsächlich geschafft habe, mit 2,5er Nadeln einen Pullover zu stricken. Tschakka!

325 gr. habe ich gebraucht. Die einzige Stelle, mit der ich noch ein wenig hadere, ist die Passe. Die war so nicht gewollt. Dieses blau-grün ist anders als all die anderen Sockenwollreste und daran muss ich mich erst noch gewöhnen. Alles andere schreit nach Wiederholung. Einfarbig vielleicht, grün. Oder mit breiteren Ringeln. Oder weicher, hier liegt noch Alpaca Cloud 😍.

Draußen ist es warm genug, um guten Gewissens drinnen zu bleiben 😬. Also geht dieser Post jetzt zu Andrea und dann werde ich mal sehen, was andere Bloggerinnen dort verlinkt haben. Oder ich schreibe zu #Privilegien. Oder ich mache einen Mittagsschlaf, das könnte auch sein.

Lange hatte ich keinen so entspannten Sonntag ☀️. Ihr hoffentlich auch!